Brücken über den Nordkanal

Am historisch bedeutsamen Standort der Trasse des Nordkanals erhebt sich eine mehrteilige Großskulptur über 14 Meter hoch und verbindet die beiden gegenüberliegenden Ufer. Sie besteht aus fünf hausähnlichen hölzernen Elementen auf langen Stelzen. Die Form der Häuser mit ihren nach oben schmaler zulaufenden Wänden, Pultdächern, schmalen Fenster- und Türschlitzen erinnert an traditionelle Hochsitze oder Wachtürme. Sie erscheinen zugleich über das Gelände herausgehoben und doch darauf bezogen, um es von oben im Blick zu haben. Diese surrealistisch anmutende Holzarchitektur ist durch ein vielfältiges System von Metallstreben und –brücken miteinander verbunden, eine tatsächliche Begehbarkeit ist jedoch nur vorgetäuscht, denn die angelehnten Leitern können nicht wirklich erklommen werden. Ihre Sprossen beginnen in zu großer Höhe und sie reichen auch nicht bis zu den Häusern hinauf. Die einzige begehbare Verbindung zwischen den beiden Ufern ist die ebenfalls aus Holz bestehende, aber niedrigere und unabhängig vom Kunstwerk schon früher existierende Fußgängerbrücke.
Dieses künstlerische Ensemble des Kaarster Bildhauers Wilhelm Schiefer interpretiert das historische Bodendenkmal des Nordkanals, der 1808–1810 von Napoleon erbaut wurde, um Rhein und Maas miteinander zu verbinden. Auch mit der lokalen Geschichte ist der Ort eng verbunden, denn er markiert eine Grenze zwischen den Ortsteilen Kaarst und Büttgen, die auch Jahre nach der Zusammenlegung beider Gemeinden in den Köpfen der Bewohner weiter existiert. Darüber hinaus laufen etliche Verkehrswege hier parallel: Schienenstränge, die Wasserstraße, der Fußgängerweg und die Autostraße. Einen deutlichen Akzent der Verbindung setzt die Fußgängerbrücke über den Kanal, die einen wichtigen Zugang zum neu eingerichteten Haltepunkt der Regiobahn bietet. Diese Brücke schafft eine Querverbindung und überwindet die durch den Kanal geschaffene Distanz zumindest punktuell.
Diese vermittelnde Funktion verstärkt das Kunstwerk als Kommunikationsknotenpunkt: „Speziell auf den Standort bezogen stehen die fünf Haus-Objekte zudem symbolisch für die fünf Stadtteile von Kaarst (Kaarst, Büttgen, Holzbüttgen, Driesch, Vorst) und ihr gelegentlich im zwischenmenschlichen Bereich etwas gestörtes Verhältnis zueinander. Die Schwierigkeit der Verständigung untereinander und das Absurde dieser Situation werden besonders anschaulich durch den kühnen Vorstoß in die Höhendimension des Luftraums. … Die Adressaten des Werkes sind die Menschen, die auf dem alltäglichen Weg zur Haltestelle vielleicht etwas ratlos vor den Türmen stehen, weil sie nach einem Zugang suchen, der allen verwehrt bleibt. Sie sind die eigentlichen Hauptpersonen dieser Inszenierung. Während in den höheren Regionen der Luftschlösser Vermittlung und Austausch nur noch indirekt oder gar nicht mehr möglich sind, bleiben die Passanten auf dem Boden, der als gemeinsame Basis alle Möglichkeiten des Handelns und Kommunizierens offen lässt.“ (Hannelore Kersting)
Verweis: https://kunstverein-nordkanal.de


Wilhelm Schiefer

1935
geboren in Düsseldorf; lebt in Kaarst.
1958–1965
Studium der Bildhauerei an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Professor Székessy sowie Kunstgeschichte, Philosophie und Germanistik an den Universitäten Freiburg und Bonn.
1990
1. Preis beim Wettbewerb der Stadt Jülich zur Erneuerung der Stadtmitte.
2007
2. Preis (gemeinsam mit der Künstlergruppe Salix) beim „Wettbewerb zur Weiterentwicklung der Naturparke“ der Landesregierung NRW.

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Ort
Kaarst
Kaarst, Nordkanal, am Erholungsgebiet Kaarster See
Künstler
Wilhelm Schiefer
Jahr
2008
Maße
Höhe 14 m
Material
Holz, Stahl
#nrwskulptur