Blinker II. Ein Lichtspieltheater

Die Skulptur „Blinker II“ bietet eine Projektionsfläche, auf der das Licht und die umgebende Natur ihre eigene Inszenierung aufführen können. Auf einer grasbewachsenen Anhöhe ließ Timm Ulrichs ein Stahlgestell errichten, das 196 beweglich aufgehängte polierte Edelstahlrechtecke trägt. Diese spiegelnden Flächen bilden zusammen ein großes Rechteck in den Abmessungen einer Filmleinwand, wobei die dicht aneinandergefügten Platten jedoch als eine Art Raster erkennbar bleiben.
Je nach Windstärke geraten die einzelnen Spiegelflächen in Schwingung und brechen das einfallende Licht in unterschiedlicher Weise. Der Luftzug bestimmt, ob ein zwar „pixeliges“, aber weitgehend homogenes Bild der umgebenden Landschaft und des Himmels entsteht, oder ob die Lichtreflexe ein rasch wechselndes Form- und Farbenspiel entstehen lassen.
An zwei zentrale Themen seiner Kunst knüpft Timm Ulrichs mit dieser Arbeit an, zum einen an das Motiv des Spiegels, das er mehrfach aufgegriffen hat (z. B. „Himmel auf Erden“, 1971–1978, „Blinker“, 1982), weil es ein Sinnbild für die Kunst an sich ist, denn der Spiegel zeigt dem Betrachter einen bestehenden Sachverhalt in einer „reflektierten“ und damit neuen Sichtweise.
Zum anderen ist es das Motiv des Rasters, der Auflösung des Ganzen in übersichtliche Bestandteile, um es im Kleinen besser wahrnehmen zu können und dann wieder zu einer geordneten Struktur zusammenzusetzen. So lassen sich an die Skulptur „Blinker II“ zahlreiche die Kunst, die Natur und die menschliche Wahrnehmung betreffende Überlegungen anknüpfen, oder sie bietet einfach ein einzigartiges Kinoerlebnis, das ohne jede Wiederholung auskommt.

Verweis: https://www.waldskulpturenweg.de/skulpturen/blinker-ii
Literatur: WaldSkulpturenWeg, hg. von der Arbeitsgemeinschaft WaldSkulpturenWeg, Texte von Uwe Rüth, Köln 2011


Timm Ulrichs

1940
geboren in Berlin; lebt und arbeitet in Hannover, Münster und Berlin.
seit 1959
Eigendefinition als „Totalkünstler“. Dieser Begriff meint nicht nur die Heterogenität und Variabilität des Gesamtwerks, sondern steht auch  als Formel für den gesamten und unabgeschlossenen Schaffensprozess, der Kunst und Leben umfasst. Im eigentlichen Sinne bezeichnet Ulrichs' Auffassung von „Totalkunst“ einen reflexiven ästhetischen Prozess, der geläufige Wahrnehmungsmuster und Weltsichten sensibilisiert und hinterfragt.
1959
gründete Ulrichs die „Werbezentrale für Totalkunst, Banalismus und Extemporismus“ in Hannover, die zur Verbreitung, Entwicklung und Produktion von Totalkunst dienen sollte. Weiterhin erklärte er sich 1961 zum „ersten lebenden Kunstwerk“ und organisierte 1966 eine öffentliche „Selbstausstellung“ in Frankfurt am Main.
1969–1970
Gastprofessor an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig.
1970
fand seine erste Totalkunst-Retrospektive in Krefeld statt, sieben Jahre später war er Teilnehmer der Documenta 6 in Kassel. Große Einzelschauen fanden 1980 in Lüdenscheid, 1991 in Madrid und Recklinghausen, 2001 in Antwerpen (Skulptur) sowie 2002 in Hannover (Druckgrafik) statt.
1972–2005
Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie Münster.
Quelle:

← Zur Startseite
Ort
Schmallenberg
Schmallenberg, WaldSkulpturenWeg
Künstler
Timm Ulrichs
Jahr
2007
Maße
1.000 x 1.183,5 cm; Spiegel je 50 x 83 cm
Material
Stahlkonstruktion mit 196 Edelstahlspiegeln
Kunst im öffentlichen Raum NRW