„so und so“

Als hintersinnige Auseinandersetzung mit der abstrakt-konstruktiven Bildhauerei kann man dieses Werk von Timm Ulrichs ebenso betrachten, wie als originellen Kommentar zur Gestaltung unserer zivilisatorischen Grundausstattung Stuhl und Tisch. Das kann man „so und so“ sehen, drehen und wenden, wie man will, die aus zwei gleichen, kreuzförmig übereinandergestellten Teilen bestehende Plastik würde auch auf den Kopf gestellt funktionieren.
Beide Aspekte, die Auseinandersetzung mit der Kunst, ihrer Funktion und ihren Traditionen, aber ebenso die Beschäftigung mit dem Alltäglichen, dem Objekt, seiner Form und der dafür verwendeten Sprache, sind zentrale Themen im Werk des „Totalkünstlers“, der in nahezu allen denkbaren Gattungen und Materialien gearbeitet hat.
Die Plastik „so und so“ steht in Zusammenhang mit einer umfangreichen Werkgruppe zum Thema Möbel, wie zum Beispiel „Peter Schlemihls Stuhl (Ein Stuhl und sein Schatten – aus dem Schatten-Dasein tretend“ von 1968/1980 oder „Der erste sitzende Stuhl (nach langem Stehen sich zur Ruhe setzend)“ von 1970.
Dass sie darüber hinaus auch einen intelligenten Kommentar zur Kunst im öffentlichen Raum darstellt, ist schon aufgrund der Materialwahl, dem in der konstruktiven Plastik beliebten, mit Rostpatina überzogenen Corten-Stahl, und der geometrischen Formgebung unübersehbar.


Timm Ulrichs

1940
geboren in Berlin; lebt und arbeitet in Hannover, Münster und Berlin.
seit 1959
Eigendefinition als „Totalkünstler“. Dieser Begriff meint nicht nur die Heterogenität und Variabilität des Gesamtwerks, sondern steht auch  als Formel für den gesamten und unabgeschlossenen Schaffensprozess, der Kunst und Leben umfasst. Im eigentlichen Sinne bezeichnet Ulrichs' Auffassung von „Totalkunst“ einen reflexiven ästhetischen Prozess, der geläufige Wahrnehmungsmuster und Weltsichten sensibilisiert und hinterfragt.
1959
gründete Ulrichs die „Werbezentrale für Totalkunst, Banalismus und Extemporismus“ in Hannover, die zur Verbreitung, Entwicklung und Produktion von Totalkunst dienen sollte. Weiterhin erklärte er sich 1961 zum „ersten lebenden Kunstwerk“ und organisierte 1966 eine öffentliche „Selbstausstellung“ in Frankfurt am Main.
1969–1970
Gastprofessor an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig.
1970
fand seine erste Totalkunst-Retrospektive in Krefeld statt, sieben Jahre später war er Teilnehmer der Documenta 6 in Kassel. Große Einzelschauen fanden 1980 in Lüdenscheid, 1991 in Madrid und Recklinghausen, 2001 in Antwerpen (Skulptur) sowie 2002 in Hannover (Druckgrafik) statt.
1972–2005
Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie Münster.
Quelle:

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Ort
Marl
Marl, Skulpturenmuseum Glaskasten, Creiler Platz 1 (am Ufer des City-Sees)
Künstler
Timm Ulrichs
Jahr
1988
Maße
100 x 250 x 250 cm
Material
Stahl
Kunst im öffentlichen Raum NRW