The Debt – Lichtpforte

Santiago Serra, der sich selbst als einen „Minimalisten mit Schuldkomplexen“ bezeichnete, verdankt seine Bekanntheit äußert provokativen Werken, in denen er die Gesellschaft, das kapitalistische System und den Kunstbetrieb radikal kritisiert. Verglichen mit früheren Werken, die moralische Tabus überschritten, um das Bewusstsein für Missstände zu schärfen, erscheint seine Installation für Arnsberg eher zurückhaltend. Hierbei handelt es sich erst um das zweite Werk des Künstlers, das zur dauerhaften Aufstellung im öffentlichen Raum geschaffen wurde. Seine erste Arbeit von 2012, der „Black Cone“, ein Denkmal für zivilen Ungehorsam vor dem Parlament in Reykjavik/Island, wirkte ebenfalls als politischer Sprengstoff, bis es durch einen neuen Standort entschärft wurde.
In Arnsberg nun lässt sich eine kritische Ebene zugunsten der künstlerisch-minimalistischen erst einmal ausblenden. Sie stellt sich erst durch den Titel „The Debt“, die Schuld(en), ein, kann aber auch ignoriert werden, wenn der Zusatz „Lichtpforte“ in den Vordergrund rückt. Der Künstler wurde im Kontext seiner Einzelausstellung im Kunstverein Arnsberg 2013 eingeladen, eine Arbeit für den öffentlichen Raum zu entwickeln. Er beschäftigte sich mit der Geschichte der Stadt und konzipierte daraufhin eine Lichtinstallation für die „Klosterpforte“, die bis zu ihrem Abriss 1799 das Haupttor der mittelalterlichen Burg und Stadt Arnsberg in Richtung des Klosters Wedinghausen darstellte. Somit markiert diese Stelle die Öffnung der Befestigungsmauer und den Übergang der mittelalterlichen Stadt zu ihrer klassizistischen Erweiterung im 19. Jahrhundert.
Santiago Sierra zeichnet den Grundriss der historischen Klosterpforte mittels in das Straßenpflaster eingelassener LED- Bodenleuchten nach, unterbrochen von der heutigen Bebauung. Wenn der so entstandene „Lichtraum“ somit zunächst als Vergegenwärtigung historischer Gegebenheiten erscheint, führt der Titel „The Debt“ weiter in die von Finanz- und Wirtschaftskrisen, staatlicher Verschuldung, Krieg und Abschottungsstrategien geprägte Gegenwart, in der an die Errichtung neuer Mauern gedacht wird.
Verweise:
http://www.kunstverein-arnsberg.de/sierra


Santiago Sierra

1966
geboren in Madrid; lebt und arbeitet seit 1995 in Mexiko-Stadt.
1989 - 1991 
Nach Aufnahme des Kunststudiums in Madrid Fortsetzung an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg bei B.J. Blume, seit 1995 in Mexiko-Stadt.
Seit 1998
sorgt der Künstler mit gesellschafts- und kunstkritischen Projekten für Diskussionsstoff.
2006
bestand seine in Deutschland umstrittenste Aktion darin, Autoabgase mit einem Schlauch in die Synagoge von Stommeln (bei Köln) zu leiten. 245 Kubikmeter Gas füllten die Synagoge, die nur mit Atemmaske betreten werden konnte.
2010
lehnte Santiago Sierra die Annahme des Spanischen Nationalpreises Premio Nacional de Artes Plásticas de España ab.
2012
entstand als erste permanente Arbeit im öffentlichen Raum „The Black Cone, Monument To Civil Disobedience“ vor dem isländischen Parlament in Reykjavík .

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Ort
Arnsberg
Steinweg 15 / Alter Markt 4, 59821 Arnsberg
Künstler
Santiago Sierra
Jahr
2015
Maße
22,5 x 15,8 m Grundfläche
Material
34 LED-Strahler, eingelassen im Straßenpflaster
Objektart
Lichtinstallationen
#nrwskulptur