Versetzung der Skulpturen „Knecht mit Pferd“ und „Magd mit Stier“
Rémy Zaugg befasste sich auf vielfältige Weise mit der Gegenwartskunst. Er arbeitete mit den Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron zusammen, verfasste Publikationen und kuratierte Ausstellungen, aber er schuf keine Skulpturen im traditionellen Sinn: „Der Stand meiner Suche, meiner Überlegungen oder meines Bewusstseins verbot mir, irgendwelche Objekte zu schaffen oder in einer Stadt ein Denkmal aufzustellen. Das hätte bedeutet, einmal mehr der künstlerischen oder individuellen Willkür zu folgen und den Menschen … ein privates Phantasma aufzudrängen“, erläuterte er im Katalog zu den Skulptur-Projekten 1987 (S. 262–263).
Stattdessen schlug er vor, eine Skulpturengruppe aus dem Jahr 1912 wieder so aufzustellen, wie es ihrer ursprünglichen Intention am ehesten entsprach. Die überlebensgroßen Bronzen „Magd mit Stier“ und „Knecht mit Pferd“ waren ursprünglich als Gruß an die Landbevölkerung an der Einfallstraße in die Stadt positioniert, wurden in den 1960er Jahren aber als unzeitgemäß von ihren Sockeln genommen und an einen weniger exponierten Ort vor dem Stadthaus versetzt.
1986, als Rémy Zaugg die Stadt im Zuge der Planungen für die Skulptur-Projekte besuchte, standen sie zudem lieblos und unbeachtet inmitten einer Baustelle, eine Situation, die Zaugg als paradox empfand: Künstler mit neuen Skulpturen zu beauftragen, während die vorhandenen Objekte dem Verfall überlassen wurden.
Er schlug deshalb als seinen Beitrag zu den Skulptur-Projekten vor, Ochs und Pferd ihre Sockel zurückzugeben und ihrer ursprünglichen Platzierung entsprechend wieder aufzustellen, wobei sich durch die veränderten Zeitumstände, den gesellschaftlichen Wandel ebenso wie die aktuelle Verkehrssituation, eine Bedeutungsverschiebung ergibt.
Literaturhinweis:
Skulptur-Projekte 1987 in Münster, hg. von Klaus Bußmann und Kasper König, Köln 1987, S. 261–270.
Rémy Zaugg
← Zur Startseite
Münster, Rondell des Ludgeriplatzes