Olympia-Hymne





Als kubischer Betonsarkophag tritt dem Uninformierten die Skulptur von Wolf Vostell entgegen. Erst tieferes Interesse ermöglicht das Verständnis der politischen und künstlerischen Zusammenhänge, was vom Kunstbetrachter aber auch gefordert werden darf: „Man muss sich lange damit beschäftigen. Ich verstehe auch nichts von Gehirnchirurgie“, sagte der Künstler.
Das Werk entstand im Jahr 1972, als Inge Baecker, Galeristin und langjährige Vertraute Vostells, die „1. Bochumer Kunstwoche“ organisierte. Wolf Vostell war, neben weiteren Künstlern wie Allan Kaprow oder Charlotte Moorman, mit einer Aktion zum Thema „Konsumgesellschaft“ vertreten. Er wählte die alte Ladentheke des Metzgers Herker aus Bochum-Wiemelhausen aus, um sie samt Registrierkasse, dem noch vorhandenen Restgeld und einigen Broten in Beton zu gießen.
Eine Bretterverschalung wurde errichtet und Beton hineingegossen, so dass die Grundform der Theke und der sich abzeichnende Kasse erhalten geblieben sind. Durch einige Risse im Beton sind die Gegenstände zu erahnen. Ergänzt wurde die Aktion durch die Ausstellung von Fotografien aus Bochumer Arbeiterwohnungen.
Dieses Werk nahm Stellung zu den später im Jahr stattfindenden Olympischen Sommerspielen und kritisierte sie als „Pseudo-Ereignis, das als Staatsreklame keine Rücksicht auf die arbeitenden Menschen nimmt.“ Weiter erläuterte der Künstler: „Bei den olympischen Spielen werden Millionen von Mark für unnützes Zeug und für eine miese Leistungs-Ideologie verpulvert. Was wir brauchen, sind keine Olympischen Spiele, sondern Aktionen, die den Menschen klarmachen, welche Frustrationen ihnen diese Leistungsgesellschaft aufzwingt.“ Seiner Meinung nach war „die Verbesserung des Lebens … die Olympiade – und nicht die Sekunde beim 100 m Lauf.“
Weitere Informationen: www.artibeau.de/0920.htm
Wolf Vostell
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Bochum, Kunstmuseum, Kortumstraße 147
